Das Strohfeuer brennt:
endlich frei, endlich morgens ausschlafen, reisen, wohin ich will, tun und lassen, was das Herz begehrt. So erwarten viele Silver-Ager ihren Abgang aus dem Arbeitsprozess. Die Abschiedszeremonie ist vorbei, der neue Alltag nimmt seinen Lauf. Es ist einfach wunderbar, endlich zu dem zu finden, worauf Mann und Frau während des Berufslebens verzichten mussten. Die neue Freiheit wird exzessiv gelebt. Das Glück scheint nahezu perfekt: Die Kinder werden öfter und länger besucht. Reise in ferne Länder werden beinahe „am Stück“ gebucht. Der Garten wird auf Hochglanz getrimmt. Soweit alles OK, aber ist das wirklich alles?
Die Alltagsroutine lässt uns innehalten, Probleme kommen auf:
Anders als ursprünglich gedacht und geplant schleichen sich doch bereits nach kurzer Zeit Zweifel und Bedenken in das Leben des rüstigen Rentners. Ist das Dolce Vita, das Leben ohne jegliche Verantwortung und Aufgabe wirklich so erstrebenswert? Wir hören in uns hinein, altersbedingte Zipperlein, die wir bislang geflissentlich ignoriert haben, gewinnen an Bedeutung. Wir lesen darüber, wir störbern im Internet, wir konsultieren Ärzte. Der Stapel ungelesener Bücher ist abgetragen. Das Fernsehprogramm ödet uns an. Nur mit dem Hund ums Eck gehen, ist doof. Wir fühlen Langeweile und sehnen uns wehmütig nach dem Arbeitsleben, nach der täglichen Aufgabe, der Verantwortung, der gesellschaftlichen Einbindung. Achtung: jetzt ist Handlung angezeigt, bevor wir in das viel beschriebene dunkle Loch purzeln, in dem schon so viele Altersgenossinnen hocken.
Die sinnvolle, sinnstiftende Aufgabe ist die Lösung:
Höchst individuell, jeder für sich nach seinem Gusto, nach seiner Fitness, seinen Vorstellungen plane sein vor ihm, ihr liegenden Lebensabschnitt der nächsten hoffentlich zwanzig, vielleicht so gar dreißig Jahre. Hallo Leute! 1/3 bis 1/4 unseres gesamten Lebens liegt noch vor uns! Da muss sich doch noch was drehen lassen. Also auf geht´s! Entscheidend ist, dass wir Menschen uns dessen bewusst sind, dass wir dazu geboren sind, das Leben möglichst bis zum letzten Atemzug aktiv und souverän zu gestalten. Der eine erfüllt sich einen Traum und fängt nochmal ein Studium an, ein Studium, zu dem es zu Beginn der Ausbildung vielleicht nicht gereicht hat. Der andere will unbedingt im Kirchen- oder anderen Gesellschaftskreise aktiv mitmischen: Gemeinderat, Finanzausschuss, Kinderbetreuung etc. Wiederum ein anderer entdeckt die Integration von Flüchtlingen als „sein Ding“. Ein Freund beschloss „auf seine alten Tage“ -wie er mit 66 Jahren zu sagen glaubt- noch den Jagdschein machen zu wollen. Einen kinderlose Nachbarin erfüllt sich ihren Traum und begleitet Nachbarskinder durch Kindergarten, Schule, Sport etc., während deren Eltern beruhigt ihrer Doppelbelastung als Doppelverdiener nachkommen können. Sie sehen, der aktiven Lebensplanung nach dem Rentenantritt ist keine Grenze gesetzt.
Wie aber um alles in der Welt finde ich meine Erfüllung, das, was mich beflügelt?
Gehen Sie mal davon aus, dass gut 75% aller in Deutschland lebenden Arbeiter und Angestellten (ja, Sie lesen richtig, es ist kein Druckfehler, 75%) ihr Arbeitsleben mit quasi angezogener Handbremse, dh. ohne wirklichen Elan, ohne Begeisterung absolviert haben. Sie haben einfach funktioniert. Ganze 15% sind begeistert und brennen zeitlebens für ihren Beruf. Sie spüren Berufung. Die verbleibenden 10% gehören zur Abteilung der Looser, die zeit ihres Lebens sich ohne Erfolg, ohne Engagement, von Job zu Job geschleppt haben. Sie können jetzt beurteilen: „heute schon gebrannt für etwas??“ Wenn nein….wird´s jetzt aber Zeit, weil wir enorme positive Energien aus einer Aufgabe ziehen, die uns antreibt, die uns Erfüllung gibt und Berufung ist. Wie gehen wir vor?
Drei Wege zur Lösung:
- Deutschlands Bibliotheken und Buchhandlungen haben ganze Wände voller Ratgeber, die Sie möglicherweise auf Ihre Spur bringen, welche Aufgabe Sie zukünftig anstreben könnten. Erfolgsaussichten sind nach meinen Erfahrungen mäßig, da – je mehr Sie diesbezüglich lesen, desto verwirrter, irritierter gehen Sie aus dem Lesestudium heraus.
- Trail and Error: also, einfach ausprobieren, wonach Ihnen gerade der Sinn steht nach dem Motto: ich kann´s ja auch wieder sein lassen, wenn´s mir nicht behagt. Das machen die meisten und sind total enttäuscht, wenn sie die zweite oder gar dritte Geschichte probiert und festgestellt haben, dass sie nicht wirklich das getroffen haben, was sie sich vorstellen.
Sie gönnen sich ganz aktiv einmal ein zwei Tageprogramm bei der Volkshochschule in einer Gruppe oder ganz individuell bei einem Karriere-, Rentner-, Zukunfts-Coach, oder wie auch immer sich ein solcher Experte nennt, recherchieren mal im Internet, was andere über diesen Menschen sagen und konsultieren diesen Experten. Erklären Sie ihm oder ihr, Sie wollen Ihre nächsten zwanzig Jahre sinnstiftend und sinnvoll planen, skizzieren Sie grob, was Ihr Herz so in dem Moment des Erst-Interviews heraussprudelt und forschen gemeinsam nach verborgenen Schätzen. Sie glauben ja gar nicht, was Sie Unentdecktes die letzten sechzig, siebzig Jahre mit sich herumtragen. Diese Talente, diese Leidenschaften, Fähigkeiten ans Licht zu fördern. Das wird Ihnen Flügel verleihen.
Tipp zum Schluss: vermeiden Sie Alleingänge auf dieser „Pirsch“ nach Ihren inneren Begabungen. Sie verstricken sich zu schnell in von alters her bekannten Meinungen, Glaubenssätzen, Erlebnissen, die Sie eher „wuschelig“ machen als dass diese Ihnen Klarheit schaffen. Packen Sie´s an. Sie werden staunen, wozu Sie fähig sind. Viel Glück!
11.Mai 2016, www.gwm-coaching.de