was sich Führungskräfte bewusst machen sollten, um größeren Flurschaden im Unternehmen zu vermeiden:
Angst verbreiten, wenn die Führungskraft selbst Angst verspürt:
„Mal die Daumenschrauben anziehen“, „mal ein bissl Dampf auf den Kessel geben“, dem Mitarbeiter mal ordentlich auf die Finger klopfen“…Wer kennt diese Sprüche nicht? Jeder und jede Führungskraft hat diese tief in seinem Drohrepertoire verankert und holt diese bisweilen manchmal, bisweilen auch öfter heraus, um eine gewisse Stimmung bei einem Mitarbeiter oder im Unternehmen zu provozieren. Angst beim Gegenüber wird provoziert. Davon ausgehend, dass Führungskräfte unter Druck stehen, sie eben auch von oben oder außen permanent zu mehr Dynamik, mehr Leistung, mehr Erfolg getrieben werden, verwundert es nicht, dass bei aller Souveränität in der Führung Druck in jedweder Form nach „unten“ weitergegeben wird. Besonders das Alphatier hat sich zur reinen Selbstverteidigung vor Attacken von außen eine solche Drohneigung zu eigen gemacht. Aber auch andere, „softere“ Führungskräfte neigen dazu, dann zu solchen Praktiken der Drohung zu neigen, wenn es um sie herum eng wird. Eng auch dann, wenn sie merken, dass sie mit ihren Meinungen, Anweisungen, Entscheidungen richtig schief liegen. Es fällt einem gestandenen Boss, merkwürdigerweise der Chefin weniger als dem männlichen Kollegen, schwer, einzugestehen, in diesem einen Moment an Souveränität Federn gelassen zu haben. Angriff ist die beste Verteidigung. Eine Drohkulisse muss her, um den Mitarbeiter in Schach zu halten. Fatal wird die Wirkung sein.
Die Angst lähmt, verunsichert und bewirkt Angriff, Verteidigung oder Rückzug: Alarm!
Ist der Mitarbeiter richtig „eingeseift“, abgestraft, abgekanzelt worden, fühlt er sich klein, hilflos, erniedrigt und sinnt blitzschnell über die geeignete Gegentaktik nach: je nach Typ des Mitarbeiters wird in jedem Falle ein ganzes Paket an emotionalen Handwerkszeugen ausgepackt. Dem einen „schwillt der Kamm“ und bläst eher unsachlich als klar und überlegt zum Gegenangriff. Er verteidigt sich gegen die Attacke(n) der Führungskraft, um vor sich selbst bestehen zu können. Hier setzt das Prinzip „Druck erzeugt Gegendruck“ ein. Der andere Mitarbeiter fühlt wie ein Boxer den gezielten „Haken“, taumelt, braucht Zeit, sich von der Attacke zu erholen und sucht nach Ausweichmöglichkeiten. Von dem „Haken“ noch völlig wirr in der linken Gehirnhälfte, ist er völlig unfähig, in diesem Moment sachlich dem Angriff der Führungskraft Paroli zu bieten. Auch dieser Mitarbeiter reagiert „rechtshirnisch“ und folgt seinen Emotionen. Er hat die sachliche Ebene verlassen und kümmert sich nur noch um sich selbst, erreicht aber die Fachkraft nicht mit seinen „an sich“ klaren Gedanken. Er verteidigt seine Persönlichkeit. „Die Mimose“, der sensible Mitarbeiter fühlt sich geradezu gefoltert. Er ist im Bilde des Boxkampfes zu Boden gegangen. Über ihm steht bedrohlich der Gegner und zählt laut bis acht, dh. noch ist der Mitarbeiter nicht K.O., aber „so gut wie“. Er hat genug vom Boxkampf, rappelt sich auf und verdrückt sich, um dem Druck auszuweichen, um sich selbst zu schützen. Hier erklingt die Glocke des Ringrichters: Alarm! Die Führungskraft verliert in allen drei Persönlichkeitsprofilen die Kontrolle über das Geschehen. Er hat beträchtlichen Flurschaden angestellt. Das betriebliche Räderwerk ist beinahe vollkommen zum Stillstand gekommen.
Bewusstseinsschärfung schafft für die Führungskraft die eigentliche Souveränität
Führen hat nur bedingt etwas mit Qualitätsmanagement im technischen Sinne zu tun. Führen hat in erster Linie etwas mit dem „Coaching“ von Mitmenschen, Mitarbeitern zu tun. Die Führungskraft ist gut beraten, die „tehnische Expertise“, die sie befähigt, Mitarbeiter zu prüfen, im Lichte der Menschenführung, der psychosozialen Kompetenz, zu betrachten. Keine Führungskraft schafft den Erfolg des Unternehmens oder der Abteilung alleine, sondern ist im Wesentlichen auf ein Maximum an Motivation, Einsatzbereitschaft und Entwicklungswillen jedes einzelnen Mitarbeiters angewiesen. Anstelle mit der Keule zu regieren und zu glauben, dass der Druck die Mitarbeiter schon zu Höchstleistungen antreiben wird, empfiehlt es sich, jeden einzelnen Mitarbeiter genau zu studieren, zu kennen, um zu wissen, wie ich jeden einzelnen „Erfüllungsgehilfen“ im Herzen, dh. mit seinen Emotionen und Gefühlen erreiche. Das hat in keiner Weise etwas mit Warmduscherei zu tun, sondern ist das relativ einfache Rezept, Vertrauen zwischen Führungskraft und Mitarbeiter zu schaffen und zu halten, damit es erst gar nicht zu größeren Auseinandersetzungen wie eingangs beschrieben kommt. Im Konfliktfalle, der sich nie ganz vermeiden lässt, ist aber Flurschaden leicht dann im Keim erstickt, wenn gegenseitige Wertschätzung, Vertrauen und Achtung die Grundlage für das tägliche Miteinander sowohl beim Mitarbeiter als auch bei der Führungskraft vorausgesetzt werden kann.
www.gwm-coaching.de, Georg-W.Moeller, 4. August 2016